Jacqueline Roussety – 20 Jahre Buchkinder

Kinder – Generation der Zukunft?

Da haben wir wieder etwas gefunden, das uns Erwachsenen entschuldigt.
Die Zukunft – Die Kinder.
Was ist denn überhaupt
Zukunft?
Alle rennen wir dahin, um die Gegenwart ja nicht einmal bewusst zu genießen.
Reden von morgen,
Nächster Woche,
Sogar vom Jahr in der Unendlichkeit.
Währenddessen
Tickt die Uhr der Gegenwart
Unaufhörlich weiter.
Keiner bekommt mit,
Was
Jetzt
In diesem Augenblick
Mit uns geschieht.
Es wird geplant
Geredet
Aufgerüstet,
Abgerüstet,
Alles hin für die Zukunft.
Und –
Was ist mit dem
Jetzt –
Diesem Augenblick?

So viel Schönes wird verpasst.
Vielleicht sind es nur flüchtige Kleinigkeiten.
Eine treibende Schneeflocke,
Blätter,
Die sich im Winde wiegen,
Oder eine Sternschnuppe.

Sogar das Schöne an den
Kindern wird verpasst,
Wie sie heute sind
Jetzt in diesem
Augenblick.

Nur ausgestopft werden sie
Mit ihrer Zukunft,
Was sie leisten müssen.
Wie sie doch –
Bitte schön –
Alles besser machen werden und sogar sollen.
Sie werden geboren in eine Welt,
Die nur aus
Zukunft
Und nicht aus dem
Jetzt existiert.

Kinder wachsen heran
Mit Farben und Träumen.
Können spielen.
Sich verlieren im Reich der Phantasie
Ganz instinktiv.
Alles nur für eine geringe Zeit.
Warum werden diese kleinen Geschöpfe
Vor den Computer gesetzt
An die Geige genagelt
Mit dem Klavier verschweißt.
Mit purzelnden Buchstaben konfrontiert, die sich nur nach Schema F zusammensetzen lassen?
Warum nicht einfach mal nach Lust und Laune Buchstaben zusammensetzen, die bunt, klug sind und ein Meer an Phantasie eröffnen?
Doch nur für die Zukunft,
Damit sie vielleicht einmal ein zweiter Beethoven werden.

Warum werden sie benebelt von dem
Gerede,
Was sie alles leisten müssen
In der Schule
Im Leben?
Warum können wir nicht alle unser Leben
In dieser Minute
Einmal bewusst ohne jeglichen Gedanken
An die Zukunft erleben?
Es ist vorbei.
Wir funktionieren.
Perfekt.
Kinder kommen in die Schule, in der sie pausenlos hören:
Alles sei so wichtig.
Während der Schulzeit wird dem Kind das letzte, zarte feine Gefühl für sich selbst genommen.
Auch sie sind eines Tages verhärtet, kämpferisch, rempeln jeden um.
Denn sie müssen doch für ihre Zukunft sorgen.
Und plötzlich
Sind sie
Wie wir geworden:
Grau
Programmiert
Haben das Schöne verloren.
Unwiderruflich.
Plötzlich sind sie keine Kinder mehr.
Und wieder ein Traum verloschen und ausgeträumt.

Jacqueline Roussety © 22.4. 2021